W. LINNIG (1842-1890), Friedrich Preller d. Ä. (1804-1878), Romantik Porträt

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Willem Linnigs radiertes Porträt des damals weithin berühmten Malers Friedrich Preller offenbart eine interessante Bildstrategie, die sich erst bei näherer Betrachtung erschließt. Linnig schuf das Bildnis nach einer Porträtphotographie von Hertel in Weimar, die in den späten 1870er Jahren entstanden sein dürfte. Dort sieht man, seitenverkehrt zu unserer Radierung, Preller mit Stock und Mütze auf einem Stuhl sitzen. Die Photographie betont die Aktualität der Szene und bürgt bereits im Medium selbst für absolute Authentizität. Linnig wiederum dreht diesen Anspruch in seiner Graphik um: Der alte Künstler mit dem markanten Bart erscheint in einer Art Steinmedaillon, an dem Verwitterungsspuren und Risse darauf hinweisen, dass es sich um ein archäologisches Relikt aus vergangenen Tagen handeln soll. Prellers Porträt wird also in einer imaginierten Zukunft gefunden und dargestellt. Durch diese verschobene Zeitachse wird sowohl Prellers historische Größe als Monument der Vergangenheit deutlich gemacht, als auch das Vergessen, dem Preller als Vertreter eines heroischen Historismus in Zeiten der beginnenden Moderne ausgesetzt ist. Linnig hatte für dieses Vorgehen einen berühmten Vorläufer: Charles Meryon hat sich selbst in seiner Graphikfolge Eaux-fortes sur Paris auf sehr ähnliche Weise dargestellt. Als verwittertes Porträtrelief präsentiert er sich selbst als Vertreter einer vergangenen Zeit.

Beschreibung

Willem Linnig (1842 Antwerpen – 1890 ebd.), Friedrich Preller d. Ä. (1804-1878), , Kaltnadelradierung

  • Technik: Kaltnadelradierung auf Papier
  • Bezeichnung: Oben rechts im Druck signiert: “WLinnig Junior”.
  • Datierung:
  • Beschreibung: Willem Linnigs radiertes Porträt des damals weithin berühmten Malers Friedrich Preller offenbart eine interessante Bildstrategie, die sich erst bei näherer Betrachtung erschließt. Linnig schuf das Bildnis nach einer Porträtphotographie von Hertel in Weimar, die in den späten 1870er Jahren entstanden sein dürfte. Dort sieht man, seitenverkehrt zu unserer Radierung, Preller mit Stock und Mütze auf einem Stuhl sitzen. Die Photographie betont die Aktualität der Szene und bürgt bereits im Medium selbst für absolute Authentizität. Linnig wiederum dreht diesen Anspruch in seiner Graphik um: Der alte Künstler mit dem markanten Bart erscheint in einer Art Steinmedaillon, an dem Verwitterungsspuren und Risse darauf hinweisen, dass es sich um ein archäologisches Relikt aus vergangenen Tagen handeln soll. Prellers Porträt wird also in einer imaginierten Zukunft gefunden und dargestellt. Durch diese verschobene Zeitachse wird sowohl Prellers historische Größe als Monument der Vergangenheit deutlich gemacht, als auch das Vergessen, dem Preller als Vertreter eines heroischen Historismus in Zeiten der beginnenden Moderne ausgesetzt ist. Linnig hatte für dieses Vorgehen einen berühmten Vorläufer: Charles Meryon hat sich selbst in seiner Graphikfolge Eaux-fortes sur Paris auf sehr ähnliche Weise dargestellt. Als verwittertes Porträtrelief präsentiert er sich selbst als Vertreter einer vergangenen Zeit.
    • Persönlichkeiten:
    • Friedrich Preller d.Ä. (1804 Eisenach – 1878 Weimar)

      Maler, Radierer und ab 1844 Professor an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar.

  • Schlagworte: Porträt, Künstlerdarstellung, Deutschland, Romantik, 1850-1899
  • Größe: 22,9 cm x 17,2 cm, Darstellung: 18,1 cm x 13,2 cm
  • Zustand: Guter Zustand. im Rand minimal fleckig.

 



 

English Version:

 

Willem Linnig (1842 Antwerp – 1890 ibid.), Friedrich Preller the Elder (1804-1878), , Drypoint etching

  • Technique: Drypoint etching on Paper
  • Inscription: Upper right signed in the printing plate: “WLinnig Junior”.
  • Date:
  • Description: Willem Linnig’s etched portrait of the then widely famous painter Friedrich Preller reveals an interesting pictorial strategy that only becomes apparent upon closer inspection. Linnig created the portrait after a portrait photograph by Hertel in Weimar, which was probably taken in the late 1870s. There we see Preller sitting on a chair with a cane and cap, inverted in relation to our etching. The photograph emphasises the topicality of the scene and already vouches for absolute authenticity in the medium itself. Linnig, on the other hand, turns this claim around in his graphic work: The old artist with the striking beard appears in a kind of stone medallion on which traces of weathering and cracks indicate that it is supposed to be an archaeological relic from days gone by. Preller’s portrait is thus found and depicted in an imagined future. Through this shifted timeline, both Preller’s historical greatness as a monument of the past is made clear and the oblivion to which Preller is exposed as a representative of a heroic historicism in times of incipient modernity. Linnig had a famous precursor for this approach: Charles Meryon depicted himself in a very similar way in his series of prints Eaux-fortes sur Paris. As a weathered portrait relief, he presents himself as a representative of a bygone era.
    • Person:
    • Friedrich Preller the Elder (1804 Eisenach – 1878 Weimar)

      Painter, etcher and from 1844 professor at the ‘Fürstliche freie Zeichenschule’ in Weimar.

  • Keywords: 19th century, Romanticism, Portraits, Germany,
  • Size: 22,9 cm x 17,2 cm (9 x 6,8 in), Depiction: 18,1 cm x 13,2 cm (7,1 x 5,2 in)
  • Condition: Good condition. im Rand minimal fleckig.