Über die druckgraphischen Techniken

Die schwarze Kunst

Über die druckgraphischen Techniken

Auch wenn es kaum jemandem bewusst sein mag, so ist doch jeder in seinem Alltag von Druckgrafik umgeben. Illustrationen in Büchern und Zeitschriften sowie Poster an den Wänden sind die jüngsten Nachfahren einer fotomechanischen Drucktechnik, die sich seit der Entwicklung der Fotografie in den 1820er Jahren bis heute behauptet. Vor der fotomechanischen Methode hat die Geschichte der Druckgrafik jedoch bereits eine große Zahl manueller Drucktechniken hervorgebracht. Obwohl die Drucktechniken im Laufe der Zeit unterschiedlichste Formen angenommen haben und der Experimentierfreude bei der Bearbeitung keine Grenzen gesetzt waren, lassen sich die Techniken doch in einfacher Weise kategorisieren: So gelten Hochdruck, Tiefdruck und Flachdruck als die Grundprinzipien der traditionellen Druckverfahren. Vereinfacht lassen sich diese Methoden auch durch die verwendeten Materialien mit Holz-, Metall- und Steindruck beschreiben, die sich anhand der grundlegendsten Techniken veranschaulichen lassen, deren Begriffe kaum jemandem unbekannt sind: Holzschnitt, Kupferstich und Lithographie (Steindruck).

In Holz geschnitten

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Die älteste dieser Drucktechniken ist der Holzschnitt. Das Prinzip dieser Hochdruck-Technik stammt aus China und ist in Europa erst im 13. Jahrhundert nachzuweisen. Zunächst für die Dekoration von Textilien verwandt, wurde die frühe Form des Holzschnittes erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit der Einführung des Papiers in Europa auch auf diesem neuen Material angewandt. Der Holzschnitt fand besonders als Buchillustration und Flugblatt Verwendung und verbreitete sich somit rasch. Die frühesten Künstler, die sich dieser Technik bedienten, sind unbekannt geblieben. Erst aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit sind Künstler bekannt, die das Medium zum Ausdruck ihrer Kunst nutzten. Albrecht Dürer (1471-1528), Lucas Cranach (1472-1553), Hans Burgkmair (1473-1531), Albrecht Altdorfer (um 1480-1538) und Hans Holbein (1497-1543) sollen nur als wenige Beispiele genannt werden. Im frühen 16. Jahrhundert ließ zudem Tizian (1477-1576) seine gemalten Werke durch den Holzschnitt reproduzieren und legte somit den Grundstein für eine der nachhaltigsten Aufgaben der Druckgrafik: die Vervielfältigung und Verbreitung von Kunstwerken.

Die Technik des Holzschnittes ist dabei denkbar einfach. Wie bei der Herstellung eines simplen Stempels, etwa beim Druck mit einer Kartoffel, entsteht das Bild des Druckes durch das Wegschneiden von Material im Sinne eines Negativbildes. Mit geschärften Eisen und Sticheln werden die Flächen ausgeschnitten, die im gedruckten Motiv nicht bzw. als weiße Fläche zu sehen sein sollen. Die zurückbleibenden Grate bilden später die Linien der Darstellung, da nur auf diesen erhöht stehenden Bereichen des Holzblockes, Druckstock genannt, die aufgetragene Farbe haften bleibt und auf das Papier gepresst wird. Der Druckvorgang geschah anfangs meist in Buchdruckerwerkstätten mit Hilfe alter Weinkelter oder bereits speziell angefertigten Druckerpressen. Der Druckstock mit dem eingeschnitzten Bild wurde dabei mit der Darstellung nach oben unter die Presse gelegt und mit einem Papier abgedeckt. Der von oben kommende Druck sorgte daraufhin für einen kräftigen und gleichmäßigen Abzug. Wie bei allen hier erläuterten Drucktechniken bildet sich das Motiv spiegelbildlich ab, worauf der Künstler nicht zuletzt bei der Einbindung von Texten zu achten hat.

In Kupfer gestochen

Im Gegensatz zum Holzschnitt als Hochdruckverfahren handelt es sich beim Kupferstich um ein Tiefdruckverfahren, bei dem die zu druckenden Linien in das Material hineingeschnitten werden. Statt einer erhabenen Linie, druckt sich beim Kupferstich also das Abbild einer vertieften Rinne auf dem Papier ab. Diese wird mittels verschiedener Stechwerkzeuge und Stichel in das Metall geschnitten und füllt sich beim Einfärben der Platte mit Druckerfarbe, während die unbearbeitete Fläche mit einem Tuch sauber abgerieben wird. Der Druckvorgang verläuft ähnlich wie beim Holzschnitt, erfordert jedoch ein besonders saugfähiges Papier, das, um diese Fähigkeit noch zu steigern, vor dem Druck etwas angefeuchtet wird. Der hohe Kraftaufwand, der zum Druck benötigt wird, führte zeitgleich zur Entwicklung neuer Druckerpressen, etwa der Walzenpresse. Die Linienführung beim Kupferstich zeichnet sich durch gleichmäßig verlaufende Schwünge aus, die je nach Form und Neigungswinkel des Werkzeuges Schwellungen (Taillen) ausbilden und an den Enden spitz auslaufen. Im Vergleich zum Holzschnitt können beim Stich in Metall Motive mit kleinteiligen und präzisen Teilbereichen erstellt werden. Die zarten Grate sind jedoch besonders stark dem Verschleiß unterworfen, sodass die späteren Abzüge von einer Platte zunehmend verwaschen aussehen, während die frühesten Abzüge eines Kupferstiches an der satten Schärfe zu erkennen sind. Obwohl bei diesem Tiefdruckverfahren kein Negativbild mehr auf der Druckplatte erstellt, sondern unmittelbar gezeichnet wird, unterscheidet sich das Vorgehen doch noch stark vom tatsächlichen Zeichnen.

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Entgegen einem Zeichenstift wird das Werkzeug beim Kupferstich in Richtung der Linie geschoben um so den schmalen Span entfernten Kupfers in einem Zug auszuheben.

Grundsätzlich wurde die Technik des Kupferstiches kaum verändert und bestimmte lange Zeit die Welt der Druckgrafik. Namhafte Künstler wie Albrecht Dürer (1471-1528), Andrea Mantegna (1431-1506), Lucas van Leyden (1494-1533), Matthäus Merian (1593-1650) und Wenzel Hollar (1607-1677) nutzten die Technik bis ins 19. Jahrhundert hinein. Erst im 19. Jahrhundert löste Stahl in vielen Fällen das weichere Kupfer als Plattenmaterial ab, da sich hiermit gerade im reproduktiven Druck weitaus höhere Auflagen mit geringerem Verschleiß erreichen ließen.

Im Säurebad geätzt

Die bedeutendste Entwicklung in den Tiefdruckverfahren stellt die Einführung der Ätztechnik dar, die im Bilddruck als Radierung bekannt geworden ist. Diese wurde schon im 15. Jahrhundert erprobt und hat ihren Ursprung in den Waffenschmieden und Plattnerwerkstätten Süddeutschlands, in denen prunkvolle Harnische mittels Säure verziert wurden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Technik auch für den Bilddruck auf Papier angewendet. Zunächst durch den Waffenätzer Daniel Hopfer (um 1470-1536) nachweisbar, der mit Eisenplatten arbeitete und darin zeitgenössische Kunstwerke kopierte und als günstige Alternative zum Kupferstich anbot. Das drucktechnische Prinzip der Radierung unterscheidet sich lediglich in der Ausbildung der vertieften Linien vom Kupferstich. Statt mit einem Grabstichel in die Druckplatte gestochen zu werden, entsteht das Motiv bei der Radierung durch ein Ätzverfahren mit Säure. Die Druckplatte wird dazu vorab mit einer säurefesten Schicht, dem sogenannten Ätzgrund, bestrichen, das Motiv in einem zweiten Schritt mit einer Radiernadel aus dieser Schicht herausradiert. Die fertige Platte wird daraufhin einem Säurebad ausgesetzt, in dem die Säure die freigelegten Bereiche der Platte angreifen und verätzen kann.

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Je nach Dauer und Intensität des Vorganges entstehen dabei gleichmäßige Vertiefungen, die den Linien des Kupferstiches entsprechen. Wegen des zeichnerischen Führens der Radiernadel können jedoch weitaus virtuosere Striche entstehen sowie enge Schwünge, die der Künstler unmittelbar auf das Medium übertragen kann. Die Linien selbst laufen eher stumpf aus und bilden keine spitzen Enden aus. Es bilden sich auch nicht die charakteristischen Schwellungen der gestochenen Linie, wenn dieses Gestaltungsmerkmal nicht durch das behelfsmäßige Verwenden einer Echoppe nachgeahmt wird. Zu den berühmtesten Radierkünstlern gehören Federico Barocci (1526/1535-1612), Maarten van Heemskerck (1498-1574), Anthonis van Dyck (1599- 1641) und Rembrandt van Rijn (1606-1669). Oft wurde die Radierung ihrer einfachen Handhabung halber auch mit einer Stichtechnik kombiniert, was eine genaue Trennung der Techniken in vielen Fällen schwierig bzw. sogar überflüssig macht.

Kupferstich und Radierung wurden als Drucktechnik über Jahrhunderte hinweg genutzt und professionalisiert umgesetzt. Ein von den Künstlern wohl bald bemerkter Mangel dieser Techniken war die anfangs nur durch dicht gesetzte Linien mögliche Darstellung von Flächen. Gerade der Wunsch nach Porträtdarstellungen im 17. Jahrhundert führte um 1650 zur Entwicklung des Mezzotinto, der Schabkunst. Auf dem Prinzip des Kupferstiches basierend, wird dabei die Kupferplatte vollständig mit einem Wiegemesser aufgeraut, sodass ein Abzug davon vollständig Schwarz erscheinen würde. Das Motiv wird daraufhin durch Glattschaben der später hell erscheinenden Bereiche aus dieser dunklen Fläche herausgearbeitet. Im Druck erscheinen die unbearbeiteten Ausschnitte flächig und zeigen die meist kreuzförmige Schraffur des Wiegemessers.

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Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entdeckte wohl Jean Baptiste le Prince (1734-1781) eine zweite Technik, die eine flächige Ausarbeitung zuließ, die Aquatinta. Diese basiert auf der Grundlage der Radierung als Ätztechnik, jedoch wird die Platte nicht mit einer Radiernadel in Linien gestaltet, sondern durch das gleichmäßige Aufbringen feinkörnigen Staubes aus säurefesten Materialien. Das aufliegende Korn bildet somit einen gezielten Schutz gegen die angreifende Säure und sorgt im Motiv für den Eindruck feiner Flächigkeit. Um jedes der Staubkörner bildet sich ein zarter Ring von Druckfarbe, der auch im fertigen Druck zu sehen ist. Besonders Francisco de Goya (1746-1828) ist für die Anwendung der Aquatinta-Technik in seinen Grafiken bekannt und vermochte es, mit den unterschiedlich dunklen Flächen düstere Stimmungen zu erzeugen.

Auf Stein gezeichnet

Um 1798 entwickelte Aloys Senefelder (1771-1834) in München eine neue Drucktechnik, die über den künstlerischen Aspekt hinaus bald auch für die aufkommende Werbegrafik und den Plakatdruck verwendet wurde. Die Lithographie, der Druck vom Stein bzw. das erste Flachdruckverfahren, nutzt das chemische Gesetz der Abstoßung von Fett und Wasser zur Bildung einer Druckoberfläche. Auf die geglättete und gereinigte Oberfläche eines möglichst kohlensauren Kalkschiefers – insbesondere der Solnhofer Plattenkalk hat sich durch seine Zusammensetzung und Festigkeit für den Druckvorgang bewährt – wird mit fetthaltigen Farben oder Kreiden gezeichnet. Dies geschieht ähnlich wie bei der Radierung von freier Hand und zeichnerisch. Im nächsten Schritt wird der Stein mit einer chemischen Substanz gewaschen, womit die freien Stellen der Zeichnung besonders wasseranziehend (hydrophil) und somit fettabstoßend gemacht werden sollen. Es folgen weitere Vorgänge, bei denen der Stein gereinigt und die Zeichnung beständig gemacht wird.

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Beim Druck nimmt die fixierte Fettschicht die fetthaltige Farbe auf, die von der fettabweisenden Fläche dazwischen abperlt und wird durch Druck auf das Papier übertragen. Wesentlich für den Bildeindruck der Lithographie ist, dass mit ihr Linien und Flächen zugleich hergestellt werden können, die in ihrer feinen Körnigkeit meist die Struktur des Drucksteines erkennen lassen. Die Linien erreichen daher nicht immer die gleiche Schärfe wie etwa beim Kupferstich, können dafür aber ohne Kraftaufwand und unmittelbar auf den Druckgrund übertragen werden. Die geringe Abnutzung des festen Steins erlaubt darüber hinaus eine hohe Zahl an Abzügen ohne nennenswerte Veränderungen in der Druckqualität. Auf Metallen, etwa Aluminium angewendet, lassen sich nach gleichem Verfahren bearbeitete Bleche auch in eine Offsetpresse einspannen und in hoher Auflage schnell abdrucken. Nicht zuletzt dadurch hat die Lithographie einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Werbegrafik und Buchillustrationen gehabt.

Unter den Lithographie-Künstlern treten unter anderem bekannte Namen hervor wie Johann Nepomuk Strixner (1782-1855), Antoine Horace Vernet (1758-1836), Johann Heinrich Füssli (1741- 1825), Honoré Daumier (1808-1879) und Adolph von Menzel (1815-1905).

Die hier dargestellten Drucktechniken stellen nur einen vereinfachten Überblick über die Prinzipien des manuellen Druckes dar. Durch das stete Experimentieren mit unterschiedlichen Werkzeugen, Materialien und nicht zuletzt den chemischen Substanzen bei Radierung und Lithographie, haben sich im Laufe der Zeit etliche Verfahren entwickelt, die der kreativen Verwirklichung der Künstler gedient haben. Auch Kombinationen unterschiedlicher Techniken bieten weitere Möglichkeiten des künstlerischen Ausdruckes. Bis heute haben sich die Techniken des Druckes beibehalten und werden beinahe ausnahmslos noch angewendet.

Benedikt Ockenfels

Kleines Glossar

Die meisten Druckgraphiken, besonders jene, die vor dem 20. Jahrhundert entstanden sind und häufig reproduzierende Funktion hatten, sind mit Inschriften versehen, die Auskunft über die beteiligten Künstler geben. Hierbei kann man als grobe Faustregel angeben, dass bei Reproduktionsgraphik der Künstler, der die Vorlage gefertigt hat, meist links auf dem Blatt genannt wird und der Künstler, der die Druckgraphik nach dessen Vorlage ausgeführt hat, rechts auf dem Blatt genannt wird. Hinzu kommen einige Abkürzungen lateinischen Ursprungs, die hier kurz angeführt sein:

  • pinx. = pinxit, also „gemalt von“
  • del. = delineavit, also „gezeichnet von“
  • inv. oder in. = invenit, also „erfunden von“
  • sculp. oder sc. = sculpsit, also “gestochen von”
  • inc. = incidit, also “geschnitten von”
  • lith. = „lithographiert von“
  • fec. oder f. = fecit, also „geschaffen von“
  • dir. = direxit, also „ausgeführt von“ (bezieht sich auf den Drucker der Graphik)

Literaturempfehlungen

  • Griffiths, Antony: Prints and Printmaking. An introduction to the history and techniques, London 1996
  • Koschatzky, Walter: Die Kunst der Grafik. Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 1983
  • Mayer, Rudolf: Gedruckte Kunst. Wesen, Wirkung, Wandel, Dresden 1984
  • Marcus, Catharina und Barbara: Das Handwerk der graphischen Kunst. Eine Reise durch 500 Jahre Geschichte der Drucktechnik, Düsseldorf 1997